Bei der Vermittlung von Rechtsschutzversicherungen kommt es im Vergleich zu anderen Sparten deutlich häufiger zu Haftungsfällen des Versicherungsvermittlers. Doch woran liegt das eigentlich? Welche Fehler passieren immer wieder und wie kann der Versicherungsvermittler diese vermeiden?
Schauen wir uns die häufigsten Pflichtverletzungen an, lässt sich zunächst festhalten, dass der Vermittler – wie in anderen Sparten auch – natürlich in Anspruch genommen werden kann, wenn es erst gar keine Rechtsschutzversicherung gibt und der Kunde glaubhaft machen kann, dass er eine solche abgeschlossen hätte. Auch die Kündigung der alten Police ohne einen darauffolgenden Neuabschluss führt zu einem potenziellen Haftungsrisiko, wie es aus anderen Sparten bekannt ist. Die Besonderheit hier: Wenn zwar ein Folgevertrag abgeschlossen wurde, dieser aber nicht direkt an den Vorvertrag anschließt, führt die erneute Wartezeit zu einer weiteren Haftungsfalle für den Versicherungsvermittler.
Doch die meisten Inanspruchnahmen der Vermittler liegen in der Natur der Rechtsschutzversicherung. Nicht nur für Versicherungsnehmer, sondern auch für Versicherungsvermittler ist die Rechtsschutzversicherung ein anspruchsvolles Thema.
Das liegt zum einen an der Struktur der Versicherungsbedingungen, aber auch an der Vielzahl an unterschiedlichen Leistungsbausteinen, die oft modular hinzugewählt werden können und die für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer manchmal nur schwer zu durchdringen sind.
Erschwerend kommt hinzu, dass am Markt so viele unterschiedliche Rechtsschutzbedingungswerke (von den ARB 75 bis zu den ARB 2021) existieren, wie wohl in keiner anderen Sparte. Hier den Überblick zu behalten und – etwa bei Umdeckungen – eine Schlechterstellung der Kunden zu vermeiden, erfordert ein hohes Maß an Sachkenntnis und Sorgfalt. Schnell kann es passieren, dass bei der Absicherung für den Kunden wichtige Leistungsbausteine vergessen oder schlichtweg übersehen werden.
Der Umstand, dass es innerhalb nur eines Versicherungsvertrages gleich mehrere Versicherungsfalldefinitionen gibt, führt auch nicht zu einer Vereinfachung. So kommt es im Schadensersatz-Rechtsschutz auf das Kausalereignis an, im Beratungsrechtsschutz auf die Änderung der Rechtslage und in den übrigen Fällen auf den Verstoß gegen Rechtspflichten.
Hinzu kommt, dass es im Laufe der Jahre immer wieder dazu kam, dass einzelnen Klauseln innerhalb von Rechtsschutzbedingungen von Gerichten für intransparent erachtet wurden und es in der Folge nicht immer einheitliche Reaktionen der Versicherer hierauf gab.
Werfen wir doch einfach einen Blick in die Praxis und schauen uns sehr typische, reale Fälle aus unserer Schadenabteilung an, bei denen wir Versicherungsvermittler im Jahr 2022 begleitet haben:
Der fehlende Baustein
Der Versicherungsnehmer und spätere Anspruchsteller betrieb eine Praxis für Physiotherapie. Bereits 2017 schloss er nach Beratung durch einen Versicherungsmakler, den M1, eine Firmenrechtsschutzversicherung ab. Zwei Jahre später erfolgte dann ein Betreuerwechsel, Maklerin M2 übernahm fortan die Beratung des Kunden in Versicherungsangelegenheiten und initiierte unter anderem eine Aktualisierung des Rechtsschutzvertrages. Diese Deckung wurde dann ein gutes Jahr später erstmals benötigt. Was war passiert? Der VN hatte für seine Praxisräume von einer Leasingfirma einige hochwertige Fitnessgeräte erworben, die jedoch regelmäßig ausfielen und repariert werden mussten. Der VN beabsichtigte Mängel- und Gewährleistungsrechte gegenüber der Leasingfirma geltend zu machen und forderte hierfür Rechtsschutz von seiner Versicherung ein. Die Rechtsschutzversicherung lehnte jedoch ab und verwies – zu Recht – darauf, dass der Vertrag des VN keinen Vertrags-Rechtsschutz für Hilfsgeschäfte beinhaltete. M2 sah sich hierfür in der Verantwortung, da ihr bei Anpassung des Vertrages die Anschaffung hochwertiger Fitnessgeräte durch den Kunden bekannt war. Dies sah auch der eingeschaltete Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer so und regulierte, erbrachte also die Leistungen, die bei korrekter Vertragsanpassung eigentlich die Rechtsschutzversicherung erbracht hätte.
Rechtsschutzvertrag bei der Erweiterung bestehender Versicherungen vergessen
In einem weiteren Fall ging es um eine Firmen- und Privatrechtsschutzversicherung, die dem Maklerkunden ebenfalls in 2017 vermittelt worden war. In den Versicherungsschutz inkludiert waren zunächst betrieblich genutzte Fahrzeuge. Privatfahrzeuge waren nicht vorhanden. Anfang 2022 bat der VN seinen Versicherungsmakler, den M3, dann allerdings um eine eVB für ein privat erworbenes Wohnmobil. Dem kam M3 zwar auch nach, allerdings versäumte er den Rechtsschutzvertrag um den „Privat-Verkehrsrechtschutz“ zu erweitern, was sich als fatal erwies, als sich herausstellte, dass das Wohnmobil mit schwerwiegenden Sachmängeln behaftet war und der Rechtsschutzversicherer die Übernahme der Kosten für einen eingeschalteten Rechtsanwalt ablehnte. Zwar wurde der Versicherungsschutz umgehend erweitert, für den bereits eingetretenen Schaden brachte das jedoch natürlich nichts mehr. Auch hier erklärte sich der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer bereit, „die Leistungen zur Verfügung zu stellen, welche der Geschädigte bei Abschluss von einer Rechtsschutzversicherung erhalten hätte.“
Die fehlende Anschlussversicherung
Der dritte Fall ist schnell erzählt: Der Kunde von Maklerin, der M4, hatte von seinem Rechtsschutzversicherer schadensbedingt eine Kündigung erhalten und die M4 war damit beauftragt, einen Folgeversicherer zu finden. Anfangs gestaltete sich die Suche schwierig, schlussendlich gelang es aber tatsächlich, ein Angebot zu erhalten. Der Kunde stimmte dem Angebot per E‑Mail zu. Diese Mitteilung ging im Büro von M4 jedoch leider unter, auch aufgrund eines Krankheitsfalls. Bemerkt wurde das Versäumnis erst 19 Monate später, als der VN sich in einer Auseinandersetzung mit seinem Arbeitgeber befand und Arbeits-Rechtsschutz benötigt hätte. Auch dieser Fall wurde von der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung anstandslos reguliert, wobei ersparte Rechtsschutzprämien für 19 Monate, der fiktive Selbstbehalt des VN in Höhe von 150 EUR sowie der Selbstbehalt der M4 in Höhe von 1.500 EUR in Abzug gebracht wurden. Letztlich zahlte die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung hier rund 3.500 EUR.
Es ist jedem Vermittler also nur anzuraten, beim Abschluss und bei der Umstellung einer Rechtsschutzversicherung zweimal hinzuschauen, sich Unterstützung durch fachkundige Kollegen zu suchen oder dem Kunden im Zweifel alle möglichen Rechtsschutz-Bausteine anzubieten. Eine gänzliche Enthaftung ist natürlich nie möglich. Im Fall der Fälle schützt dann die Vermögenschaden-Haftpflichtversicherung.
quelle: https://www.asscompact.de/