„Umsatzsteuerhinterziehung im Konjunktiv“
Das hierzulande wohl prominenteste Beispiel dafür, dass geschäftsschädigende Äußerungen Schadensersatzforderungen nach sich ziehen können, ist der Fall des ehemaligen Deutsche-Bank Chefs Breuer, der 2002 in einem Interview öffentlich die Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe in Zweifel gezogen und damit nicht nur diverse Gerichtsverfahren, sondern auch einen Versicherungsfall für die D&O‑Versicherer der Deutschen Bank ausgelöst hatte. Auch wenn es kaum um vergleichbare Summen gehen dürfte, können derartige Haftungsszenarien natürlich auch deutlich kleinere Unternehmen bzw. deren Organe betreffen.
Sachverhalt
In einem uns bekannten Fall hatte das Maklerunternehmen B eine Kooperation mit der X‑Gesellschaft angestrebt, die letztlich jedoch nicht zustande kam. Hinterher machte das Maklerunternehmen B über ein Inkassobüro gegenüber der X‑Gesellschaft Vergütungsansprüche für vermeintlich bereits erbrachte Aufträge geltend und ließ dabei ohne einen sachlichen Zusammenhang vortragen, es gäbe darüber hinaus möglicherweise Hinweise auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung und hinterzogener Umsatzsteuer. Die X‑Gesellschaft klagte daraufhin gegen das Maklerunternehmen in zwei Instanzen. Man begehrte einerseits die Feststellung, dass die Forderungen der B nicht bestünden und andererseits Unterlassung der geschäftsschädigenden Äußerungen. Tatsächlich waren die Forderungen des Maklerhauses nicht zu beweisen. Dem Feststellungsantrag wurde dementsprechend stattgegeben. Der Unterlassungsantrag hatte teilweise Erfolg. Der B wurde aufgegeben, es zu unterlassen, gegenüber Dritten zu behaupten, man habe Forderungen gegenüber der X‑Gesellschaft aus unerlaubter Handlung und hinterzogener Umsatzsteuer. An dieser Stelle hätte der Fall auch ohne Einschaltung einer D&O‑Versicherung beendet sein können. Stattdessen folgte eine weitere Klage der X‑Gesellschaft, dieses Mal (unter anderem) gerichtet auf Feststellung, dass durch die Äußerungen des Maklerunternehmens ein Schadensersatzanspruch begründet worden sei. Die X‑Gesellschaft hätte durch die dem Maklerhaus zuzurechnenden Äußerungen einen Reputationsverlust gegenüber Banken, Kunden und Netzwerkpartnern erlitten. Dadurch sei eine weitere Expansion verhindert worden. Die Klage richtete sich nun – anders als im Vorprozess — auch ausdrücklich gegen die Geschäftsführung des Maklerunternehmens.
Deckungsprobleme
Der D&O‑Versicherer der VN machte hier verschiedene deckungsrechtliche Einwände geltend. Zum einen ging man davon aus, dass die angegriffene Behauptung des Geschäftsführers nicht lediglich fahrlässig getätigt worden sei, sondern vielmehr eine wissentliche Pflichtverletzung dargestellt hätte.
Außerdem berief man sich auf eine arglistige Täuschung der VN. Im vorangegangenen Regulierungsbogen zur D&O‑Versicherung sei die Frage nach Umständen, die zu einem Schadensersatzanspruch gegen die VN führen könnten, wahrheitswidrig verneint worden, obwohl der Rechtsstreit mit der X‑Gesellschaft bereits gerichtsanhängig gewesen sei. Letzteres war tatsächlich nicht zu leugnen. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt gerade erst in der Berufungsinstanz die Feststellung ergangen, dass keine Vergütungsansprüche bestanden und die vermeintlich geschäftsschädigenden Äußerungen zu unterlassen seien. Die Klage auf Schadensersatz wurde erst sechs Wochen später ausgefertigt. Zudem richtete sich die erste Klage – anders als die spätere Schadensersatzklage — nur gegen das Maklerunternehmen nicht aber auch direkt gegen dessen Geschäftsführung. Und zum Dritten konnten wir noch argumentieren, dass sich die Geschäftsführung offensichtlich über den Anwendungsbereich der D&O‑Versicherung geirrt hatte. Nachdem die Schadensersatzklage zugestellt worden war, hatte man nämlich, ohne dass man von dem Service unserer Schadensabteilung Gebrauch machte, umgehend eine Meldung an den Rechtsschutzversicherer des Unternehmens veranlasst und war dann erst durch dessen Ablehnung darauf aufmerksam geworden, dass die Abwehr von Schadensersatzansprüchen Sache eines Haftpflichtversicherers sei. Von einer bewussten Täuschungshandlung konnte insofern keine Rede sein.
Blieb noch die wissentliche Pflichtverletzung. Hier argumentierte der Versicherer, die angegriffenen Aussagen, seien offensichtlich in vollem Bewusstsein abgegeben worden, dass es keine stichhaltigen Beweise für deren Richtigkeit gäbe. Eine Rufschädigung in pauschalisierter Form sei nicht mehr fahrlässig. Dem ließ sich entgegenhalten, dass die fraglichen Äußerungen der B erst getätigt wurden, nachdem deren Steuerberater auf ein mögliches steuerrechtliches Problem hingewiesen hatte, so dass man der B nicht vorhalten konnte, Ihre Vorwürfe gegen die X‑Gesellschaft seien völlig ins Blaue hinein getätigt worden. Die D&O‑Versicherung bestätigte daraufhin für die Geschäftsführung der B Versicherungsschutz und unterstützte die Forderungsabwehr, die letztlich auch von Erfolg gekrönt war: Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab. Es argumentierte – zwischen den strittigen Äußerungen und der Schadensersatzklage lagen mehr als zwei Jahre – wenn es der X‑Gesellschaft bisher nicht möglich gewesen sei, einen materiellen Schaden darzulegen, bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dies zukünftig noch möglich sein könnte. Zudem seien die Äußerungen auch nur in einem nicht-öffentlichen Verfahren gefallen. Dass die Behauptungen zu etwaigen Steuerproblemen auch gegenüber Banken, Kunden etc. getätigt worden seien, sei nicht belegt worden. Das Urteil hatte auch in der zweiten Instanz Bestand. Da sich die Kostenerstattung schwierig gestaltete, kam es dann jedoch noch zu einem weiteren deckungsrechtlichen Problem. Denn der Versicherer wies darauf hin, dass die Schadensersatzforderungen die Versicherungssumme der B überstiegen und wollte die anwaltlichen Kostenrechnungen deshalb nur anteilig übernehmen. Dem konnten wir allerdings entgegenhalten, dass in den Versicherungsbedingungen ausdrücklich geregelt war, dass der Versicherer beim Abwehr-/Kostenschutz die Kosten auch dann zu übernehmen hatte, wenn „die Höhe des geltend gemachten Anspruchs die Versicherungssumme übersteigt“.
Fazit:
Insbesondere bei kritischen Äußerungen, die höchst sensible Themenkreise wie beispielsweise die Zahlungsmoral im Zusammenhang mit Steuern betreffen, sollte man sich über deren Wahrheitsgehalt sicher sein und sich nicht ungeprüft auf Aussagen Dritter verlassen.
Zudem zeigt sich auch in diesem Fall – auch wenn es hier nicht um die klassische Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung im Gewand der Vermittler-Berufshaftpflichtversicherung handelt – wie wichtig eine Unterstützung im Schadensfall ist. ……
Über die Hans John Versicherungsmakler GmbH:
Die Hans John Versicherungsmakler GmbH aus Hamburg bietet mit einem Kompetenzteam u. a. aus Volljuristen und Versicherungskaufleuten einen Vollservice in der Vermögensschaden-Haftpflicht an – inklusive umfassender Betreuung im Schadensfall. Die Hans John Versicherungsmakler GmbH ist seit Jahren einer der Marktführer in ihrem Segment.
Ansprechpartner zu dieser Meldung:
Ass. jur. Rudolf Bauer, LL.M. Versicherungsrecht, Prokurist der Hans John Versicherungsmakler GmbH
E‑Mail: schaden@haftpflichtexperten.de