„Drei gegen einen“
Beim Thema Haftungsminimierung, denken viele Versicherungsmakler zunächst an ihren Maklervertrag oder an die Beratungsdokumentation. Daneben sollte jedoch auch der richtige Außenauftritt nicht vergessen und Vertriebspartner entsprechend sensibilisiert werden, da es ansonsten allzu leicht zu einer Haftung für einen Untervermittler kommen kann.
A. Der Haftungsfall
Versicherungsmakler B, der teilweise als Untervermittler für seinen Kollegen, den Versicherungsmakler A, tätig war, beriet im Juni 2018 die E‑GmbH & Co. KG. Dabei ging es um eine Kfz-Versicherung für eine landwirtschaftliche Zugmaschine. Neben der Haftpflichtversicherung sollte auch eine Teilkaskoversicherung abgeschlossen werden und auch eine gesonderte Maschinenbruchversicherung war ausdrücklich Gegenstand der Beratung. Haftpflicht- und Teilkaskoversicherung wurden dann auch ordnungsgemäß von B beantragt, der Antrag zur Maschinenbruchversicherung jedoch aufgrund eines Büroversehens nicht zur Policierung an den Versicherer weitergegeben. Noch im Juli kippte das Fahrzeug beim Betrieb um und es entstand ein Sachschaden in Höhe von knapp 30.000 EUR. Als B diesen Vorfall der Versicherungsgesellschaft melden wollte, fiel der Fehler auf. Die E‑GmbH & Co. KG forderte daraufhin Schadensersatz von A. A, der überhaupt nicht in den Beratungsvorgang involviert gewesen war, leitete das Forderungsschreiben direkt an B weiter, verbunden mit der Aufforderung sich „darum zu kümmern“. Trotzdem meldete er den Vorgang „vorsorglich“ auch seinem Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer, der V‑Versicherung. B veranlasste parallel eine Meldung an seinen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer, die R‑Versicherung.
B. Deckungsebene
Da eine Pflichtverletzung nicht ernsthaft in Abrede zu stellen war, war relativ klar, dass schlussendlich ein Versicherer in die Regulierung würde eintreten müssen. Die Frage war nur, wessen Versicherer dies sein würde. Hier waren die auf Deckungsebene involvierten Parteien zum Teil unterschiedlicher Auffassung: B hatte den Kunden beraten und fühlte sich deshalb selbst auch verantwortlich dafür, dass kein Versicherungsschutz für den Schaden bestand, der der E‑GmbH & Co. KG entstanden war. Zugleich wollte er keinen Zwist mit A und hätte deshalb den Fall gerne über seine eigene Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abgewickelt gewusst. A sah dies naturgemäß ähnlich, hatte dabei aber – durchaus nachvollziehbar – vor allem die Schadensbelastung des eigenen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrages im Blick. Außerdem verwies er auf die mit B geschlossene Vermittlungsvereinbarung. Diese hätte sich nur auf das Privatkundengeschäft bezogen. Im gewerblichen Bereich hätte man nicht kooperiert und B deshalb auch nicht im Namen der A handeln dürfen. Der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer von A schloss sich dieser Sichtweise natürlich nur allzu gerne an. Doch die R‑Versicherung erwies sich als Spielverderber. Sie ging davon aus, dass B im Namen von A gehandelt hätte und dementsprechend ausschließlich A dem Geschädigten haften müsse. Und die R‑Versicherung hatte gute Gründe für diese Annahme. Zwar hatte der Geschädigte weder mit A noch mit B einen schriftlichen Maklervertrag geschlossen, doch war der Versicherungsantrag von B mit dem Firmenstempel des A versehen worden und die Beratungsdokumentation zierte ebenfalls dessen Label. Hinzu kam dann noch, dass B bei der vorvertraglichen E‑Mail-Korrespondenz einen Account von A verwendet hatte – mit entsprechender Signatur. Kurzum, nach Rechtsscheingesichtspunkten musste man mit der R‑Versicherung davon ausgehen, dass ein Maklervertrag nur zwischen der E‑GmbH & Co. KG und A zustande gekommen war. Trotzdem ging das Hin und Her zwischen den Versicherern munter weiter, bis der Geschädigte, des Wartens überdrüssig, schließlich einen Anwalt einschaltete. Dieser bewertete die Sachlage offenbar ähnlich wie die R‑Versicherung, jedenfalls adressierte er die Schadensersatzforderungen seines Mandanten ausschließlich an A, woraufhin dann die V‑Versicherung endlich doch von ihrer Rechtsauffassung abrückte und in die Regulierung eintrat.
C. Fazit
In der Praxis kommt es nicht selten vor, dass Vermittler gegenüber ihren Kunden einen Rechtsschein setzen, der nicht eindeutig ist oder sogar komplett von dem abweicht, was eigentlich gewollt war. Oft wird dann auf die Vereinbarungen verwiesen, die im Innenverhältnis mit dem Kooperationspartner, Haupt- oder Untervermittler, Handelsvertreter etc. getroffen wurden. Dabei wird übersehen, dass ein gutgläubiger Kunde in seinem Vertrauen auf den von seinem Gegenüber gesetzten Rechtsschein schutzwürdig ist. In dem oben geschilderten Fall etwa hatte der Geschädigte zuvor weder mit A noch mit B zu tun gehabt und kannte naturgemäß auch nicht die zwischen den beiden Maklern existierenden Vereinbarungen. Er hatte folglich keine Verpflichtung seinerseits nachzuforschen, ob wirklich ein Maklervertrag mit A zustande gekommen war, ob sein Vertragspartner nicht eventuell doch direkt der B sein könnte oder ob diese vielleicht untereinander eine Haftungsfreistellung vereinbart hatten. Im Zweifel ist es bei derartigen Konstellationen dann an den Gerichten festzustellen, welcher Vermittler tatsächlich haftet oder ob nicht sogar beide gesamtschuldnerisch in der Verantwortung stehen. Die daraus resultierenden Konflikte – schließlich sind auch Regressforderungen gegenüber demjenigen denkbar, der einen von den vertraglichen Vereinbarungen mit seinem Vertriebspartner abweichenden Rechtsschein gesetzt hat – wären vielfach vermeidbar.