„Der Faktor Mensch“

Der Teufel hält sich bekanntlich mit Vorliebe im Detail versteckt, in fehlerhaften Bauplänen, unvollständigen Bedienungsanleitungen, im fragwürdigen Kleingedruckten und immer wieder auch in missverständlichen Versicherungsbedingungen. Manchmal scheitert die schnelle Regulierung eines Versicherungsfalls aber auch schlichtweg an denjenigen, die die Versicherungsbedingungen anzuwenden haben…

A. Der Haftungsfall

Alles begann damit, dass Versicherungsmakler M 2017 die Betreuung des gewerblichen Kunden K übernahm. Eines der im Rahmen des Maklermandates zu versichernden Risiken war der Verkehrs-Rechtsschutz für die Firmenfahrzeuge des K. Dies stellte zunächst kein Problem dar, allerdings war bei einem Kfz ein abweichender Halter zu berücksichtigen. Nach Rücksprache mit dem Rechtsschutzversicherer war die Absicherung nur im Rahmen eines Fahrzeug-Rechtsschutzes mit Kennzeichenangabe darzustellen. Dies wurde maklerseitig auch korrekt veranlasst. Im Kundenverwaltungsprogramm wurde der Versicherungsvertrag von M dann allerdings versehentlich als Verkehrs-Rechtsschutz tituliert. Relevant wurde dies, als das Kfz durch ein anderes Fahrzeug ersetzt wurde. Da beim Verkehrs-Rechtsschutz – anders als beim Fahrzeug-Rechtsschutz – nur Änderungen hinsichtlich der Anzahl der versicherten Fahrzeuge angezeigt werden mussten, wurde der Rechtsschutzversicherer nicht über den Fahrzeugwechsel informiert. Als K in 2019 eine Rechtsschutzanfrage im Zusammenhang mit einer angeblichen fahrlässigen Körperverletzung stellte, die das neue Fahrzeug betraf, lehnte der Versicherer Leistungen ab, weil das „betroffene Kennzeichen nicht mitversichert sei.“ K forderte nun von M Schadensersatz. M arbeitete den Vorgang chronologisch und nachvollziehbar auf und meldete den Fall über die Hans John Versicherungsmakler GmbH seinem Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer.

B. Deckungsebene

Nun hätte man meinen können, dass dieser auf Haftungsebene zwar nicht alltägliche, aber auch nicht sonderlich komplizierte Fall auf Deckungsebene keine nennenswerten Probleme hätte bereiten sollen: Der Maklerkollege verfügte unzweifelhaft über die notwendige Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für die Tätigkeit nach § 34d GewO, hatte seine Versicherungsprämien immer pünktlich gezahlt, den Schaden umgehend nach Bekanntwerden gemeldet, sich auch sonst obliegenheitskonform verhalten, Ausschlussgründe, die hätten greifen können, waren nicht ersichtlich und die Schadenshöhe (unter 1.000 EUR) überschaubar.

Tatsächlich gestaltete sich die Abwicklung jedoch äußerst schwierig und das war in diesem Fall vor allem dem Faktor Mensch geschuldet. So ließ die erste Rückmeldung des Versicherers deutlich erkennen, dass der zuständige Sachbearbeiter des Versicherers die Schadensmeldung allenfalls oberflächlich, beigefügte Anlagen wohl gar nicht gesichtet hatte. Und so sah sich M plötzlich mit einer ganzen Reihe von Rückfragen konfrontiert, die samt und sonders überflüssig waren. Nichtsdestotrotz haben wir die Rückfragen – jeweils unter Hinweis auf die entsprechenden Passagen aus der Schadensmeldung des Maklers bzw. die jeweiligen Anlagen – nochmals beantwortet. Eine Deckungszusage oder überhaupt eine Antwort des Versicherers blieb jedoch leider aus, so dass wir uns schließlich genötigt sahen, an die ausstehende Bearbeitung zu erinnern. Als auch dies nicht fruchtete, sollte ein Telefonat die notwendige Klarheit schaffen. Dieses hinterließ bei uns allerdings den Eindruck, dass sich der Sachbearbeiter des Versicherers immer noch nicht – seit der Schadensmeldung waren mittlerweile gut sechs Wochen vergangen – mit den relevanten Unterlagen auseinandergesetzt hatte. Trotzdem teilte man uns mit, dass man dazu tendieren würde, M Versicherungsschutz in Form des Abwehrschutzes zu gewähren, Schadensersatzforderungen von K also für unbegründet erachtete. Die Begründung hatte es in sich und ließ die starke Vermutung aufkommen, dass der VSH Schadenbearbeiter mit grundlegenden Fragestellungen aus dem Rechtsschutzbereich absolut überfordert war. So wurde ausgeführt,

„dass laut dem Ablehnungsschreiben des Rechtsschutzversicherers K Versicherungsschutz für den Vorwurf einer fahrlässigen Körperverletzung angefragt hätte, Bußgeldsachen aber in der Rechtsschutzversicherung nicht versichert seien, weshalb der Maklerfehler also nicht ursächlich für einen Vermögensschaden geworden wäre.“

Nun ist es grundsätzlich so, dass die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer ein sehr weitgehendes Ermessen haben, wenn es um die Frage geht, wie sie ihren versicherungsvertraglichen Verpflichtungen nachkommen wollen, ob sie also (vermeintlich) unberechtigte Forderungen abwehren oder (tatsächlich) berechtigte Ansprüche befriedigen. Hier war die Rechtsauffassung des Vermögensschaden-Haftpflichtversicherers allerdings so offenkundig falsch, dass man sich fragen konnte, ob überhaupt irgendein Ermessen ausgeübt oder ob nicht ins Blaue hinein argumentiert wurde. Denn erstens geht es bei „Bußgeldsachen“ um Ordnungswidrigkeiten und zweitens ist Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz – ebenso wie auch der Strafrechtsschutz, um den es hier wohl eher ging – problemlos versicherbar und wäre auch im Fahrzeug-Rechtsschutz enthalten gewesen.

C. Ergebnis

Es bedurfte einer weiteren Klarstellung, einer Beschwerde und einer dritten Übersendung der bei K angelaufenen, anwaltlichen Kostenrechnungen, ehe dieser Fall schließlich durch Regulierung erledigt werden konnte.

Glücklicherweise stellen derartige Fälle nach unseren Erfahrungen die absolute Ausnahme dar. Dennoch zeigen sie eindrucksvoll, dass es auch für diejenigen, die sonst selbst Ihre Kunden bei der Abwicklung von Versicherungsansprüchen unterstützen, in eigenen Angelegenheiten sinnvoll sein kann, einen Versicherungsmakler an ihrer Seite zu wissen.