Ver­si­che­rungs­mak­ler sind gesetz­lich dazu ver­pflich­tet, eine Berufs­haft­pflicht­ver­si­che­rung für ihre gewerb­li­che Tätig­keit abzu­schlie­ßen, § 34 d Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 GewO. Der Umfang die­ser Ver­si­che­rung rich­tet sich nach § 12 der Ver­ord­nung über die Ver­si­che­rungs­ver­mitt­lung und ‑bera­tung (Vers­VermV). Nach § 12 Abs. 2 Vers­VermV beträgt die gesetz­li­che Min­dest­ver­si­che­rungs­sum­me aktu­ell 1.300.380 EUR je Ver­si­che­rungs­fall und die Jah­res­höchst­leis­tung 1.924.560 EUR.[1]

Aber reicht die­se Ver­si­che­rungs­sum­me im Ernst­fall aus? Grund­sätz­lich trifft den Ver­si­che­rungs­neh­mer selbst die Ver­ant­wor­tung hin­sicht­lich der Wahl der Ver­si­che­rungs­sum­me.[2] Aber wor­an kann sich der Ver­si­che­rungs­mak­ler ori­en­tie­ren?

Eini­ge Mak­ler wol­len sich an der Ver­si­che­rungs­sum­me ori­en­tie­ren, die Berufs­kol­le­gen „übli­cher­wei­se“ wäh­len. Teil­wei­se ver­nimmt man auch die Aus­sa­ge, dass für „nor­ma­le“ Ver­si­che­rungs­mak­ler die gesetz­li­che Min­dest­ver­si­che­rungs­sum­me genü­ge. Wie­der­um ande­re emp­feh­len, dass Gewer­be­mak­ler sich mit „min­des­tens“ 5 Mio. EUR gegen Ver­mö­gens­schä­den ver­si­chern soll­ten.

Aber was ist ein „nor­ma­ler“ Ver­si­che­rungs­mak­ler und ist die­se pau­scha­le Betrach­tung für den „nor­ma­len“ Mak­ler und den Gewer­be­mak­ler nicht etwas zu kurz gegrif­fen? Und hilft tat­säch­lich ein Blick auf die „übli­cher­wei­se“ ver­ein­bar­te Ver­si­che­rungs­sum­me?

In der Pra­xis lässt sich fest­stel­len, dass die Viel­zahl der Ver­si­che­rungs­mak­ler mit der gesetz­li­chen Min­dest­ver­si­che­rungs­sum­me bzw. mit der tarif­li­chen Min­dest­ver­si­che­rungs­sum­me der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer ver­si­chert ist. Inso­fern wird man dies­be­züg­lich von der „übli­cher­wei­se“ ver­ein­bar­ten Ver­si­che­rungs­sum­me spre­chen kön­nen.

Auch ande­re Berufs­grup­pen benö­ti­gen zur Berufs­aus­übung eine ent­spre­chen­de Berufs­haft­pflicht­ver­si­che­rung. Steu­er­be­ra­ter sind gemäß § 67 Abs. 1 StBerG gesetz­lich dazu ange­hal­ten, „ange­mes­sen“ ver­si­chert zu sein. Auch Archi­tek­ten sind – jeden­falls in NRW – gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 5 Bau­KaG NRW ver­pflich­tet, sich „aus­rei­chend“ gegen Haft­pflicht­an­sprü­che zu ver­si­chern.

Eine Rege­lung ent­spre­chend § 67 Abs. 1 StBerG zur „ange­mes­se­nen“ Ver­si­che­rung bzw. § 22 Abs. 2 Nr. 5 Bau­KaG NRW zur „aus­rei­chen­den“ Ver­si­che­rung gibt es für Ver­si­che­rungs­mak­ler nicht. Aber auch ohne eine gesetz­li­che Bestim­mung liegt es im Inter­es­se des Mak­lers selbst, für eine „ange­mes­se­ne“ bzw. „aus­rei­chen­de“ Ver­si­che­rungs­sum­me zu sor­gen, schließ­lich ver­folgt die Berufs­haft­pflicht­ver­si­che­rung auch das Ziel, die wirt­schaft­li­che Exis­tenz des Ver­si­che­rungs­neh­mers zu erhal­ten. Daher kön­nen Ver­si­che­rungs­mak­ler im Eigen­in­ter­es­se die für Steu­er­be­ra­ter bzw. Archi­tek­ten gel­ten­den Bestim­mun­gen auf sich über­tra­gen.

Aber ist denn die „übli­cher­wei­se“ gewähl­te Min­dest­ver­si­che­rungs­sum­me für Gewer­be­mak­ler stets unan­ge­mes­sen bzw. unzu­rei­chend und für „nor­ma­le“ Ver­si­che­rungs­mak­ler aus­rei­chend und ange­mes­sen? Nein. Eine sol­che pau­scha­le Betrach­tung ver­bie­tet sich.

Die Archi­tek­ten­kam­mer NRW schreibt in ihrem Pra­xis­hin­weis[3]

„Ob im Ein­zel­fall die in § 19 Abs. 2 DVO Bau­KaG NRW fest­ge­leg­ten Min­dest­ver­si­che­rungs­sum­men aus­rei­chend sind, soll­te jedes Mit­glied indi­vi­du­ell unter Berück­sich­ti­gung sei­ner kon­kre­ten beruf­li­chen Tätig­keit über­prü­fen und mit sei­ner Ver­si­che­rung bzw. sei­nem Ver­si­che­rungs­mak­ler bespre­chen.“

und ver­langt damit eine indi­vi­du­el­le Über­prü­fung. Auch der Steu­er­be­ra­ter ist gesetz­lich ange­hal­ten, „sei­ne“ Berufs­tä­tig­keit zu ver­si­chern. Über­tra­gen auf den Ver­si­che­rungs­mak­ler bedeu­tet dies, auch Ver­si­che­rungs­mak­ler und deren Berufs­tä­tig­keit nicht zu ver­all­ge­mei­nern sind. Inso­fern schei­det die Betrach­tung des „nor­ma­len“ Mak­lers und „des“ Gewer­be­mak­lers bereits aus.

Aber wie lässt sich die „rich­ti­ge“ Ver­si­che­rungs­sum­me denn bestim­men? Die­se Fra­ge lässt sich nur dann beant­wor­ten, wenn geklärt ist, was „ange­mes­sen“ bzw. „aus­rei­chend“ ver­si­chert über­haupt bedeu­tet.

„Ange­mes­sen“ ist die gewähl­te Ver­si­che­rungs­sum­me jeden­falls dann, wenn sie im Scha­dens­fall „aus­rei­chend“ Deckung bie­tet. In der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung gilt das sog. Ver­stoß­prin­zip. Danach ist der Ver­si­che­rer mit der Ver­si­che­rungs­sum­me ein­stands­pflich­tig, mit der der Ver­si­che­rungs­neh­mer im Jahr des beruf­li­chen Ver­se­hens (Pflicht­ver­let­zung) ver­si­chert war. Ver­än­dert sich wäh­rend der Lauf­zeit der Ver­si­che­rung das Risi­ko, muss der Ver­si­che­rungs­neh­mer die Ver­si­che­rungs­sum­me ent­spre­chend anpas­sen. „Ange­mes­sen“ bedeu­tet also nichts ande­res, als dass die Ver­si­che­rungs­sum­me den tat­säch­li­chen indi­vi­du­el­len Risi­ken des Mak­lers wäh­rend sei­ner gesam­ten beruf­li­chen Tätig­keit gerecht wer­den muss.

Die Bun­des­steu­er­be­ra­ter­kam­mer hat ein „Berufs­recht­li­ches Hand­buch“[4] ver­öf­fent­licht. Unter Zif­fer 5.2.2. Nr. 8 Abs. 4 heißt es dort:

„Bei der Ent­schei­dung über die Höhe der Ver­si­che­rungs­sum­me und der Jah­res­höchst­leis­tung sind die Haft­pflicht­ge­fah­ren der ein­zel­nen Pra­xis zu berück­sich­ti­gen. Anhalts­punk­te dafür kön­nen ins­be­son­de­re sein: Art, Umfang und Zahl der Auf­trä­ge; Zahl und Qua­li­fi­ka­ti­on der Mit­ar­bei­ter; Struk­tur der Pra­xis (z. B. Beratungs‑, Prü­fungs- und Buch­füh­rungs­tä­tig­keit); Art und Umfang von Tätig­kei­ten nach § 57 Abs. 3 Nr. 2 und 3 StBerG.“

Die­se Kri­te­ri­en las­sen sich auch auf den Ver­si­che­rungs­mak­ler über­tra­gen. So soll­ten Mak­ler neben der „Art, Umfang und Zahl der Auf­trä­ge“ und der „Zahl und Qua­li­fi­ka­ti­on der Mit­ar­bei­ter“ ins­be­son­de­re die zu ver­si­chern­den Risi­ken beim Kun­den im Blick behal­ten. Zwar mögen gewerbliche/industrielle Risi­ken per se bereits sehr hoch sein und damit eine eige­ne hohe Ver­si­che­rungs­sum­me des Mak­lers recht­fer­ti­gen, doch gilt sel­bi­ges auch für bio­me­tri­sche Risi­ken und Haft­pflicht­ri­si­ken. Denn auch Per­so­nen­schä­den kön­nen durch­aus geeig­net sein, die gesetz­li­che Min­dest­ver­si­che­rungs­sum­me des Ver­si­che­rungs­mak­lers im Regress­fall (deut­lich) zu über­schrei­ten.

Aber Vor­sicht: Der Umsatz des Mak­lers ist für die Wahl der Ver­si­che­rungs­sum­me kein ent­schei­den­des Merk­mal. Vie­le Mak­ler ver­su­chen ihre Wahl der Ver­si­che­rungs­sum­me damit zu begrün­den oder zu recht­fer­ti­gen, dass sie nur im gerin­gen Umfang tätig sind und ihre Umsät­ze ent­spre­chend gering sind. Dies ist ein gefähr­li­cher Trug­schluss: Das Risi­ko eines Exis­tenz­grün­ders oder Neben­be­ruf­lers kann durch­aus grö­ßer sein als das eines eta­blier­ten, per­so­nell und wirt­schaft­lich brei­ter auf­ge­stell­ten Mak­lers.

Erfor­der­lich ist stets die „worst-case-Betrach­tung“. Wo bestehen Scha­den­po­ten­tia­le? Wel­ches maxi­ma­le Risi­ko birgt die zu ver­mit­teln­de Ver­si­che­rung?

Eine unan­ge­mes­se­ne Deckung der Kanz­lei ist für Steu­er­be­ra­ter berufs­rechts­wid­rig und zieht berufs­recht­li­che Sank­tio­nen nach sich. Der Steu­er­be­ra­ter muss daher die Ange­mes­sen­heit sei­ner Ver­si­che­rung regel­mä­ßig über­prü­fen. Mak­ler müs­sen kei­ne berufs­recht­li­chen Sank­tio­nen befürch­ten. Doch auch sie soll­ten ihre eige­ne Ver­si­che­rung nicht stief­müt­ter­lich behan­deln. Die Höhe der Ver­si­che­rungs­sum­me und deren Ange­mes­sen­heit bedür­fen auch im eige­nen Inter­es­se des Mak­lers einer kon­ti­nu­ier­li­chen Über­prü­fung.

[1] Dele­gier­te Ver­ord­nung (EU) 2019/1935 der Kom­mis­si­on vom 13. Mai 2019

[2] Stän­di­ge Recht­spre­chung, vgl. z.B. OLG Düs­sel­dorf, Urteil vom 13.12.2005, 4 U 205/04

[3] Abruf­bar unter: https://www.aknw.de/fileadmin/user_upload/Praxishinweise/PH18_Berufshaftpflichtversicherung_Stand_Januar_2018.pdf

[4] Abruf­bar unter: https://www.bstbk.de/downloads/bstbk/recht-und-berufsrecht/fachinfos/BStBK_Berufsrechtliches-Handbuch.pdf