„Doppelt verjährt“
Werden Schadensersatzforderungen durch einen Rechtsanwalt betrieben oder sogar gerichtlich geltend gemacht, bestehen in der Regel keine Zweifel daran, dass dies die Meldeobliegenheit aus den Versicherungsbedingungen einer Haftpflichtversicherung auslösen kann. Werden Forderungen dagegen „lediglich“ durch die Geschädigten selbst erhoben, diese (noch) nicht eindeutig beziffert oder hat vorerst vielleicht nur der Schädiger selbst Kenntnis von anspruchsbegründenden Tatsachen, bereitet die Beachtung dieser versicherungsvertraglichen Verhaltensnorm nicht selten Probleme – mit zum Teil gravierenden Folgen.
A. Der Haftungsfall
Makler M betreute bereits seit Mitte der 90er Jahre die Versicherungsverträge der A&B GbR, einem Fachbetrieb für Sanitär- und Heizungsinstallationen. Im Jahr 2008 zerstritten sich die beiden Gesellschafter A und B und lösten die GbR auf. A informierte Makler M über das Ende der GbR und bat darum, alle bestehenden Versicherungsverträge auf seine bereits in Gründung befindliche GmbH zu übertragen. Da es sich bei der GmbH um keine Rechtsnachfolgerin der GbR handelte, war M allerdings gezwungen, die bestehenden Versicherungsverträge zu kündigen bzw. aufheben zu lassen und die betrieblichen Risiken neu zu versichern. Aufgrund eines Büroversehens unterblieb dies allerdings ausgerechnet für die Betriebshaftpflichtversicherung der neuen A GmbH. Dieser Fehler wurde erst im Februar 2009 bemerkt, als ein Mitarbeiter der A GmbH bei der Installation eines Wasserhahns nicht die gebotene Sorgfalt walten ließ und als Folge davon eine größere Menge Wasser in den Keller eines Auftraggebers floss. Dessen Hausrat- und Wohngebäudeversicherer regulierte zwar den entstandenen Schaden in Höhe von rund 26.000 EUR, meldete anschließend jedoch Regressansprüche bei der A GmbH an. A, im guten Glauben M hätte alle notwendigen Änderungen veranlasst, zeigte den Sachverhalt der vermeintlichen Betriebshaftpflichtversicherung seiner GmbH an. Zu seiner Überraschung lehnte diese Versicherungsleistungen jedoch unter Hinweis darauf ab, dass man zwar eine A&B GbR nicht jedoch eine A‑GmbH versichert hätte. Das entsprechende Ablehnungsschreiben ging in Kopie auch an den Versicherungsmakler M, der A daraufhin zwar noch seine Unterstützung zusicherte, den Versicherer aber (verständlicherweise) nicht umzustimmen vermochte. A kündigte am 11.03.2009 schriftlich an, M gegebenenfalls für sein Versäumnis haftbar zu machen, versuchte parallel aber erst einmal die Regressforderungen des Hausrat-/Gebäudeversicherers abzuwehren, indem er die Schadenverursachung durch seinen Mitarbeiter bestritt und auf ein mögliches Mitverschulden des Geschädigten hinwies. 2010 kam es deshalb zur Klage vor dem Landgericht und Ende 2012 erging schließlich ein Urteil, das dem Hausrat-/Wohngebäudeversicherer vollumfänglich Recht gab. Mit dem Urteil konfrontiert, machte A Anfang 2013 im Namen der GmbH Schadensersatzforderungen gegenüber seinem Versicherungsmakler geltend.
B. Deckungsebene
Und so durfte sich mit der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung des M ein dritter Versicherer des Wasserschadens annehmen. Ebenso wie im Fall der Betriebshaftpflichtversicherung fiel das Ergebnis allerdings für den Versicherungsnehmer negativ aus. Der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer rügte zunächst die Verletzung der Meldeobliegenheit. Diesbezüglich gibt es zwar voneinander abweichende Formulierungen in den Versicherungsbedingungen, grundsätzlich lässt sich aber durchaus konstatieren, dass ein erkannter Verstoß, dem Vermögensschaden-Haftpflichtversicherer angezeigt werden sollte und dies insbesondere auch dann, wenn vielleicht noch gar keine bezifferten Schadensersatzforderungen geltend gemacht, diese aber – wie hier – dem Grunde nach angekündigt werden. Die Folgen einer solchen Obliegenheitsverletzung reichen von Kürzungen der Versicherungsleistungen bei grober Fahrlässiger bis hin zum vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes bei vorsätzlicher Missachtung der Meldeobliegenheit. Allerdings bleibt der Versicherer zur Leistung verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer nachweisen kann, dass die Verletzung der Obliegenheit nicht für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls oder den Umfang der vom Versicherer geschuldeten Leistung ursächlich war. Dies hätte M gegebenenfalls noch helfen können. Denn mutmaßlich hätte die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung bei Meldung des Schadensfalls in 2009 noch keinen unmittelbaren Handlungsbedarf gesehen, weil Schadensersatzforderungen zwar angekündigt aber zunächst nicht weiter verfolgt wurden. Viel problematischer war dagegen, dass – ausgelöst durch das erste Forderungsschreiben – Ende 2009 die Verjährung der Ansprüche aus dem Vertrag zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung zu laufen begann. Bei Meldung des Schadens Anfang 2013 waren diese dann bereits verjährt, die Ablehnung des Vermögensschaden-Haftpflichtversicherers unumstößlich.
C. Ergebnis
M hatte hier noch insofern Glück, als dass nicht nur seine Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjährt waren, sondern auch die Schadensersatzforderungen der A‑GmbH, die fälschlicherweise auf ein ihr günstiges Urteil im Prozess mit dem Hausrat-/Gebäudeversicherers vertraut und ihre Forderungen deshalb zu lange nicht weiter betrieben hatte. Dieser Gleichlauf ist aber natürlich nicht zwingend. Hätte die A‑GmbH etwa noch Ende 2012 verjährungshemmende Maßnahmen gegenüber M ergriffen, hätten die Folgen ungleich schlimmer sein können. Wir als Spezialmakler für die VSH können deshalb nur von falscher Zurückhaltung bei der Meldung möglicher Schadensfälle zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abraten und stehen unseren Kunden bei Unsicherheiten darüber, ob es sich bereits um einen anzeigepflichtigen Sachverhalt handelt, mit fachkundiger Beratung und konzeptionellen Besonderheiten zur Seite.