„Alle Jah­re wie­der…“

Neben der übli­chen Weih­nachts­post wer­den etli­chen Ver­mitt­lern auch in die­sem Jahr wie­der unlieb­sa­me Sen­dun­gen vor oder nach den Fest­ta­gen zuge­stellt, weil Anspruch­stel­ler ver­jäh­rungs­hem­mend Kla­ge ein­rei­chen. So uner­freu­lich das für die Betrof­fe­nen ist, wis­sen die meis­ten aber doch, dass Haf­tungs­kla­gen, die die beruf­li­che Tätig­keit betref­fen, umge­hend der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung ange­zeigt wer­den soll­ten. Doch nicht bei jedem durch Gericht zuge­stell­ten Doku­ment han­delt es sich tat­säch­lich auch um eine Kla­ge gegen den Ver­mitt­ler. Obacht ist den­noch gebo­ten.

A. Der Haf­tungs­fall

Mak­ler M ver­mit­tel­te sei­nem Kun­den K Anfang 2005 eine fonds­ge­bun­de­ne Lebens­ver­si­che­rung der L‑Versicherung. Der Fonds geriet spä­ter in die Insol­venz. 2014 klag­te K gegen die L‑Versicherung und begehr­te vor­ran­gig Scha­dens­er­satz, weil er bei Abschluss des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges falsch bera­ten wor­den und der ihm aus­ge­hän­dig­te Ver­kaufs­pro­spekt feh­ler­haft gewe­sen sei. Die Kla­ge hat­te sowohl in der ers­ten, wie auch in der Beru­fungs­in­stanz über­wie­gend Erfolg und die L‑Versicherung wur­de 2019 schließ­lich zur Zah­lung von 6.200 EUR ver­ur­teilt. Nach­dem das Urteil rechts­kräf­tig gewor­den war, erhielt Mak­ler M ein For­de­rungs­schrei­ben von der Anwalts­kanz­lei, die die L‑Versicherung in dem Ver­fah­ren gegen K ver­tre­ten hat­te. Man mach­te Regress­an­sprü­che im Wege des soge­nann­ten Gesamt­schuld­ner­aus­gleichs nach §§ 421, 425, 426 BGB gel­tend. Die Bera­tung des K sei schließ­lich allein von Mak­ler M durch­ge­führt wor­den. Inso­fern sei M gegen­über der L‑Versicherung auch in vol­lem Umfang regress­pflich­tig. M mel­de­te den Vor­gang dar­auf­hin sei­ner Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung und ersuch­te um Ver­si­che­rungs­schutz.

B. Deckungs­ebe­ne

Nach­dem die Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung die zur Beur­tei­lung des Sach­ver­hal­tes maß­geb­li­chen Unter­la­gen ange­for­dert hat­te, teil­te sie M aller­dings mit, dass man „lei­der kei­ne Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen gewäh­ren kön­ne.

Hin­ter­grund die­ser Ableh­nung war, dass M bereits 2014 in dem erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­ren von der L‑Versicherung der Streit ver­kün­det und er auf­ge­for­dert wor­den war, dem Rechts­streit auf Sei­ten der Ver­si­che­rung bei­zu­tre­ten. M hat­te in dem Ver­fah­ren dann zwar als Zeu­ge aus­ge­sagt, bei­getre­ten war er jedoch nicht und hat­te auch sei­ne Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung nicht infor­miert. M hat­te dadurch sich und sei­nen Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer der Mög­lich­kei­ten beraubt, auf den Pro­zess Ein­fluss zu neh­men.

Der­ar­ti­ge Feh­ler kom­men lei­der immer mal wie­der vor. Denn trotz ent­spre­chen­der Hin­wei­se durch die Gerich­te ist nur den wenigs­ten Nicht­ju­ris­ten wirk­lich klar, was eine Streit­ver­kün­dung eigent­lich bedeu­tet bzw. wel­che recht­li­chen Aus­wir­kun­gen die­se kon­kret hat. Manch einer erkennt rich­ti­ger­wei­se, dass er durch eine Streit­ver­kün­dung nicht selbst zum Klä­ger oder Beklag­ten eines Rechts­streits wird, zieht aber für sich selbst die fal­schen Kon­se­quen­zen dar­aus, indem er den Vor­gang nicht sei­ner Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung anzeigt, weil er ja (noch) nicht selbst Adres­sat von Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen ist. Dabei wird aber über­se­hen, dass die Streit­ver­kün­dung regel­mä­ßig ja gera­de damit begrün­det wird, dass die streit­ver­kün­den­de Par­tei der Ansicht ist, bei ungüns­ti­gem Pro­zess­aus­gang stün­den ihr Ansprü­che gegen­über dem streit­ver­kün­de­ten Ver­mitt­ler zu. Und damit ist dann durch­aus ein Anknüp­fungs­punkt für die Mel­de­o­b­lie­gen­heit aus den AVB gege­ben. Übli­cher­wei­se wird in den AVB sogar noch geson­dert auf Streit­ver­kün­dun­gen hin­ge­wie­sen:

„Wird gegen den Ver­si­che­rungs­neh­mer ein Anspruch gericht­lich gel­tend gemacht, Pro­zess­kos­ten­hil­fe bean­tragt oder wird ihm gericht­lich der Streit ver­kün­det, so hat er außer­dem unver­züg­lich Anzei­ge zu erstat­ten.“

 M kon­tak­tier­te nach Erhalt des Ableh­nungs­schrei­bens sei­ner Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung die Hans John Ver­si­che­rungs­mak­ler GmbH und wand­te ein, ihm sei nicht bewusst gewe­sen, dass auch Streit­ver­kün­dun­gen anzu­zei­gen sei­en. Die obi­ge Klau­sel, die auch sein Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer im Ableh­nungs­schrei­ben zitiert hat­te, hät­te er nicht gekannt und die Mel­de­o­b­lie­gen­heit des­halb nicht vor­sätz­lich ver­letzt. Nun kann man dem Vor­wurf einer vor­sätz­li­chen Oblie­gen­heits­ver­let­zung zwar ent­ge­gen­hal­ten, dass kaum jemand bewusst und wil­lent­lich sei­nen Ver­si­che­rungs­schutz gefähr­den wird (Lücke in Prölss/Martin, § 104 Rn. 7), aber im vor­lie­gen­den Fall ging die­ser Ein­wand nicht weit genug bzw. am eigent­li­chen Pro­blem vor­bei. Denn die Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung hat­te die Ableh­nung kei­nes­wegs nur mit einer vor­sätz­li­chen Oblie­gen­heits­ver­let­zung begrün­det. Viel­mehr hat­te man auch ein­ge­wandt, man hät­te bei recht­zei­ti­ger Infor­ma­ti­on dafür Sor­ge getra­gen, dass der VN dem Streit bei­getre­ten wäre und die Ein­re­de der Ver­jäh­rung gel­tend gemacht hät­te. In die­ser Hin­sicht konn­ten wir letzt­lich gegen­über dem Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer noch erfolg­reich argu­men­tie­ren, dass zum Zeit­punkt der Zustel­lung der Streit­ver­kün­dung noch kei­ne Ver­jäh­rung gege­ben war.

Schwer­wie­gen­der war ein wei­te­rer Ableh­nungs­grund: Der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer wies näm­lich auch dar­auf hin, dass sich aus den Ent­schei­dungs­grün­den des zweit­in­stanz­li­chen Urteils ergab, dass Mak­ler M Risi­ken des ver­mit­tel­ten Pro­duk­tes ver­harm­lost und eine Pro­dukt­be­wer­tung ohne fun­dier­te Grund­la­ge abge­ge­ben hat­te. Hier­aus schloss man auf eine wis­sent­li­che Pflicht­ver­let­zung. Mak­ler M wies die­sen Vor­wurf zurück. Bei der Bera­tung sei nicht von den Pro­dukt- und Antrags­un­ter­la­gen abge­wi­chen wor­den. Für die­sen Ein­wand war es jedoch lei­der zu spät. Der­ar­ti­ger Vor­trag hät­te nach einem Streit­bei­tritt vor­ge­bracht wer­den müs­sen. Dass Risi­ken ver­harm­lost wor­den waren, ließ sich somit nicht mehr in Abre­de stel­len. Uns blieb nur noch, zu argu­men­tie­ren, dass die Fest­stel­lun­gen in den Ent­schei­dungs­grün­den nicht zwin­gend den Schluss auf eine wis­sent­li­che Pflicht­ver­let­zung zulas­sen wür­den — eine ungüns­ti­ge Aus­gangs­si­tua­ti­on die ver­meid­bar gewe­sen wäre.

Im Ergeb­nis betei­lig­te sich der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer schluss­end­lich doch noch an einem Ver­gleich mit der L‑Versicherung. Auf ein der­ar­ti­ges Ent­ge­gen­kom­men soll­te man sich aber selbst­ver­ständ­lich nicht ver­las­sen. Wir kön­nen  des­halb nur drin­gend emp­feh­len, dass sich Ver­mitt­ler im Zwei­fel unmit­tel­bar mit Ihrem Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer oder dem sie betreu­en­den Mak­ler in Ver­bin­dung set­zen, wenn ihnen For­de­rungs­schrei­ben, Streit­ver­kün­dun­gen, Kla­gen, Güte­an­trä­ge, Mahn­be­schei­de o.ä. zuge­hen, um zu klä­ren, wel­che wei­te­ren Schrit­te nöti­gen­falls ein­ge­lei­tet wer­den müs­sen