„Streit­lus­tig“

Kla­gen im Zusam­men­hang mit dem Die­sel­skan­dal haben die Gerich­te in der Ver­gan­gen­heit in hohem Maße beschäf­tigt und tun dies noch. Nicht immer geht es dabei tat­säch­lich um die Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che der Fahr­zeug­käu­fer.

A. Der Haf­tungs­fall

Die K‑GmbH hat­te im Jahr 2013 meh­re­re Fir­men­fahr­zeu­ge mit Die­sel­mo­tor erwor­ben, die mit einer ille­ga­len Abschalt­ein­rich­tung ver­se­hen waren. Sie beab­sich­tig­te dies­be­züg­lich Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che – kon­kret die Lie­fe­rung von Neu­fahr­zeu­gen — gegen­über dem Her­stel­ler gel­tend zu machen. Nach­dem eine außer­ge­richt­li­che Eini­gung geschei­tert war, rich­te­te der von der K‑GmbH beauf­trag­te Rechts­an­walt des­halb Ende 2018 eine Leis­tungs­an­fra­ge an den Fir­men-Rechts­schutz­ver­si­che­rer (R1-Ver­si­che­rung), über den die K‑GmbH vom 01.01.2014 bis zum 01.01.2016 ver­si­chert war. Die R1-Ver­si­che­rung lehn­te es jedoch ab, der K‑GmbH Rechts­schutz zu gewäh­ren. Begrün­det wur­de dies damit, dass zum Zeit­punkt, als die Kauf­ver­trä­ge über die Die­sel­fahr­zeu­ge geschlos­sen wur­den, der Rechts­schutz­ver­trag noch nicht bestand. Die Fäl­le sei­en des­halb als vor­ver­trag­lich ein­zu­stu­fen. Dies sah der Rechts­an­walt der K‑GmbH anders: Maß­geb­lich sei laut Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs nicht der Kauf­ver­trag, son­dern der Tat­sa­chen­vor­trag, mit dem der VN den Ver­stoß sei­nes Anspruchs­geg­ners begrün­de. Es kom­me des­halb dar­auf an, wann der Auto­her­stel­ler gegen­über der K‑GmbH eine Pflicht­ver­let­zung bestrit­ten und des­sen Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che zurück­ge­wie­sen hät­te. Dies sei erst im Jahr 2015 und folg­lich im ver­si­cher­ten Zeit­raum gesche­hen. Die R1-Ver­si­che­rung ging hier­auf aller­dings nicht ein. Die K‑GmbH woll­te dies so nicht hin­neh­men und plan­te nun, gegen die R1-Ver­si­che­rung zu kla­gen. Hier­für woll­te man die aktu­el­le Rechts­schutz­ver­si­che­rung, die R3-Ver­si­che­rung in Anspruch neh­men, mit der seit dem 01.01.2018 ein Ver­si­che­rungs­ver­trag bestand, der von Ver­si­che­rungs­mak­ler M ver­mit­telt wor­den war. Ehe man eine Anfra­ge an die R3-Ver­si­che­rung rich­te­te, frag­te man zunächst bei M an, ob für der­ar­ti­ge Strei­tig­kei­ten mit Ver­si­che­rern Ver­si­che­rungs­schutz bestün­de. M – tele­fo­nisch unver­mu­tet mit die­ser Fra­ge kon­fron­tiert – bejah­te dies. Die K‑GmbH reich­te dar­auf­hin beim zustän­di­gen Land­ge­richt Kla­ge gegen die R1-Ver­si­che­rung ein. Erst danach wur­de aller­dings bei der R3-Ver­si­che­rung um Rechts­schutz für das Vor­ge­hen gegen die R1-Ver­si­che­rung ersucht. Ent­ge­gen der Aus­sa­ge von Mak­ler M lehn­te die R3-Ver­si­che­rung jedoch Leis­tun­gen ab. Die Aus­ein­an­der­set­zung mit der R1-Ver­si­che­rung ent­stam­me dem Ver­trags­recht. Ver­trags­recht­li­che Strei­tig­kei­ten mit Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaf­ten sei­en jedoch über den bestehen­den Ver­trag nicht ver­si­chert, so die R3-Ver­si­che­rung. Dar­auf­hin kün­dig­te die K‑GmbH nun auch gegen­über M recht­li­che Schrit­te an. Einer­seits mit der Begrün­dung, M hät­te durch sei­ne offen­kun­dig fal­sche Aus­sa­ge zur Reich­wei­te der Rechts­schutz­ver­si­che­rung erst dafür gesorgt, dass eine Kla­ge gegen die R1-Ver­si­che­rung anhän­gig gemacht wor­den sei, ande­rer­seits weil M bei Ver­mitt­lung des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges mit der R3-Ver­si­che­rung nicht dafür Sor­ge getra­gen hät­te, dass voll­um­fäng­li­cher Rechts­schutz bestün­de.

B. Deckungs­ebe­ne

M mel­de­te den Fall sei­ner Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung. Spä­tes­tens hier wur­de es nun etwas kom­pli­ziert, weni­ger auf­grund ech­ter deckungs­recht­li­cher Pro­ble­me, son­dern auf­grund der tat­säch­li­chen Gege­ben­hei­ten. Zunächst ein­mal gehör­te die Rechts­schutz­ver­si­che­rung R1 pikan­ter­wei­se zum glei­chen Ver­si­che­rungs­kon­zern, wie der Ver­mö­gens­scha­den Haft­pflicht­ver­si­che­rer des Mak­lers. Wäre man also zu dem Ergeb­nis gekom­men, dass der feh­len­de Rechts­schutz bei der R3-Ver­si­che­rung auf ein Mak­ler­ver­schul­den zurück­zu­füh­ren gewe­sen wäre, hät­te der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer im Rah­men der sog. Qua­si-Deckung der K‑GmbH Rechts­schutz für das Vor­ge­hen gegen eine ande­re Kon­zern­toch­ter gewäh­ren müs­sen!

Doch so weit kam es letzt­lich nicht. Denn nach­dem der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer den Sach­ver­halt geprüft hat­te, gewähr­te man Mak­ler M Ver­si­che­rungs­schutz in Form des Abwehr­schut­zes.  Dies aus fol­gen­den Grün­den: Der von M ver­mit­tel­te Rechts­schutz­ver­trag mit der R3-Ver­si­che­rung beinhal­te­te tat­säch­lich kei­nen Ver­si­che­rungs­ver­trags-Rechts­schutz. Die unbe­strit­te­ne, tele­fo­ni­sche Aus­sa­ge von M war des­halb nach­weis­lich falsch gewe­sen. M hat­te irr­tüm­lich ange­nom­men, der Ver­trags-Rechts­schutz für Neben-/Hilfs­ge­schäf­te sei ein­schlä­gig. Sein Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer ging jedoch davon aus, dass dadurch kein Scha­den ent­stan­den sei, weil die K‑GmbH in jedem Fall geklagt hät­te. Ande­ren­falls hät­te die anwalt­lich ver­tre­te­ne K‑GmbH sich nicht auf die Aus­sa­ge eines Ver­si­che­rungs­mak­lers ver­las­sen, der kei­ne für den Rechts­schutz­ver­si­che­rer ver­bind­li­chen Leis­tungs­zu­sa­gen abge­ben kön­ne, son­dern vor Kla­ge­er­he­bung direkt die R1-Ver­si­che­rung kon­tak­tiert – so wie es üblich sei und wie man dies hin­sicht­lich der eigent­li­chen Die­sel­kla­ge ja auch getan hät­te.

Es blieb damit noch der Vor­wurf, M hät­te der K‑GmbH eine unzu­rei­chen­de  Rechts­schutz­ver­si­che­rung ver­mit­telt. Dem dies­be­züg­lich recht pau­scha­len Vor­wurf ließ sich zunächst ent­ge­gen­hal­ten, dass es voll­um­fäng­li­chen Rechts­schutz – erst recht, wenn es um ver­trag­li­che Strei­tig­kei­ten im gewerb­li­chen Bereich geht – nicht gibt. Es bedurf­te also schon einer genaue­ren Bewer­tung, wel­che Vor­ga­ben Mak­ler M vor Ver­mitt­lung der Rechts­schutz­ver­si­che­rung von sei­ner Kun­din erhal­ten hat­te. Hier zeig­te sich, dass die K‑GmbH nach Been­di­gung des Recht­schutz­ver­tra­ges mit der R1-Ver­si­che­rung zunächst bis zum 01.01.2018 bei der R2-Ver­si­che­rung ver­si­chert war. Da die K‑GmbH mit dem Ser­vice der R2-Ver­si­che­rung jedoch nicht zufrie­den war und deren Bei­trags­stei­ge­run­gen monier­te, soll­te Mak­ler M – bei gleich­blei­ben­dem Ver­si­che­rungs­schutz – einen Anschluss­ver­trag über einen ande­ren Rechts­schutz­ver­si­che­rer ver­mit­teln. Es galt also den bei der R3-Ver­si­che­rung abge­schlos­se­nen Ver­trag mit den bei­den Vor­ver­trä­gen zu ver­glei­chen.  Dabei ergab sich, dass die K‑GmbH zu kei­nem Zeit­punkt den Ver­si­che­rungs­ver­trags-Rechts­schutz ver­si­chert hat­te. Bei der R2-Ver­si­che­rung hieß es etwa in den Bedin­gun­gen: Es besteht kein Ver­si­che­rungs­schutz im Ver­trags- und Sachen­recht, aus­ge­nom­men Ver­si­che­rungs­ver­trags-Rechts­schutz für die pri­va­te Vor­sor­ge des Selbst­stän­di­gen.” Dies nahm die Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung zum Anlass, auch den zwei­ten Vor­wurf der Anspruch­stel­le­rin als unbe­grün­det ein­zu­stu­fen und in Gän­ze Ver­si­che­rungs­schutz in Form des Abwehr­schut­zes zu gewäh­ren.

C. Fazit

Es mag durch­aus Kon­stel­la­tio­nen geben, in denen unzu­tref­fen­de Aus­sa­gen des Ver­si­che­rungs­mak­lers zum Ver­si­che­rungs­schutz Scha­dens­er­satz­an­sprü­che begrün­den kön­nen, weil im Ver­trau­en auf des­sen Aus­sa­gen Auf­wen­dun­gen getä­tigt wur­den, die ansons­ten unter­blie­ben wären. In dem hier geschil­der­ten Fall war die Ent­schei­dung des Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rers unse­res Erach­tens aber ver­tret­bar. Zu einer tat­säch­li­chen Scha­dens­er­satz­kla­ge gegen M ist es dann auch nicht gekom­men. Ob es eine dies­be­züg­li­che Rechts­schutz­an­fra­ge der K‑GmbH gab, ist uns nicht bekannt.