„Wenn drei sich strei­ten, …“

In der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung gilt das soge­nann­te Ver­stoß­prin­zip. Oder, um es mit den Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen zu sagen, : Ver­si­che­rungs­fall im Sin­ne die­ses Ver­tra­ges ist der Ver­stoß, der Haft­pflicht­an­sprü­che gegen den Ver­si­che­rungs­neh­mer zur Fol­ge haben könn­te.“ Dies berei­tet zumin­dest dann kei­ne Pro­ble­me, wenn es tat­säch­lich um ein akti­ves Fehl­ver­hal­ten des jewei­li­gen Ver­si­che­rungs­neh­mers geht. Schwie­rig­kei­ten kön­nen in der Pra­xis den­noch auf­tre­ten, wenn nicht auf Anhieb ersicht­lich ist, ob der Mak­ler­feh­ler auf einem Tun oder einem Unter­las­sen beruh­te.

A. Der Haf­tungs­fall

Nach Erwerb einer Immo­bi­lie kon­tak­tier­te der Kun­de K im Juni 2007 sei­ne Ver­si­che­rungs­mak­le­rin, die Makler‑A GmbH zwecks Abschluss einer Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung. Da es sich um einen Neu­bau han­del­te, exis­tier­te kei­ne Vor­ver­si­che­rung, ein Neu­ab­schluss war also erfor­der­lich. Nach ent­spre­chen­der Bera­tung durch einen Mit­ar­bei­ter der Makler‑A GmbH wur­de die Immo­bi­lie ver­si­chert. Der Ver­si­che­rungs­ver­trag lief dann im Wesent­li­chen unver­än­dert über die nächs­ten Jah­re. 2013 ver­kauf­te die Makler‑A GmbH ihren Bestand an die Makler‑B GmbH. Der K wur­de hier­über per Kun­den­an­schrei­ben infor­miert. Ein neu­er­li­ches Bera­tungs­ge­spräch zum The­ma Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung wur­de danach jedoch weder von K noch von der Makler‑B GmbH initi­iert. Im Herbst 2018 kam es dann bei einem Unwet­ter durch Hagel­schlag zu diver­sen Schä­den an der Immo­bi­lie des K, die der Gebäu­de­ver­si­che­rung gemel­det wur­den. Nach Prü­fung lehn­te die­se jedoch eine voll­stän­di­ge Regu­lie­rung ab, weil eine Unter­ver­si­che­rung vor­lä­ge. Letzt­lich ver­blieb ein Scha­den von rund 5.000 EUR bei K, den die­ser nun von der Makler‑B GmbH ersetzt ver­lang­te. Bei der Auf­ar­bei­tung des Vor­gangs stell­te sich her­aus, dass die Ver­si­che­rungs­sum­me tat­säch­lich über Jah­re hin­weg zu nied­rig bemes­sen war, weil der 2007 mit der Sache betrau­te Mit­ar­bei­ter der Makler‑A GmbH bei der Berech­nung des Wer­tes 1914 einen Rechen­feh­ler gemacht hat­te. Kun­de K, der von dem Wert 1914 vor­her noch nie etwas gehört hat, hat­te dies ver­ständ­li­cher­wei­se nicht bemerkt.

B. Der Deckungs­fall

Für K, aber auch für die Makler‑B GmbH war klar, dass ein Mak­ler­feh­ler hier nicht in Abre­de zu stel­len sein wür­de und folg­lich eine Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung den nicht regu­lier­ten Teil des Scha­dens über­neh­men müss­te. Unsi­cher war man sich bei der Makler‑B GmbH aller­dings hin­sicht­lich der Fra­ge, wel­chem Ver­si­che­rer der Scha­den anzu­zei­gen wäre.

Zunächst dach­te man bei der Makler‑B GmbH an deren aktu­el­len Ver­si­che­rer. Dies war die X‑Versicherung, über die man in 2012 einen Ver­trag abge­schlos­sen hat­te. Die X‑Versicherung lehn­te die ange­reg­te Regu­lie­rung jedoch ab. Aus­weis­lich des ursprüng­li­chen Antrags aus 2007 sei bereits damals die Ver­si­che­rungs­sum­me zu gering bemes­sen gewe­sen. Der Ver­stoß sei mit­hin als vor­ver­trag­lich ein­zu­stu­fen. Man emp­fahl die Mel­dung an den Vor­ver­si­che­rer.

Als Nächs­tes mel­de­te die Makler‑B GmbH den Vor­gang ihrem Vor­ver­si­che­rer, der Y‑Versicherung. Auch die­ser Ver­si­che­rer lehn­te jedoch eine Regu­lie­rung ab. Der Ver­trag mit der Y‑Versicherung hät­te zwar bereits im Juni 2007 bestan­den, aller­dings sei nicht erkenn­bar, dass der Anspruch­stel­ler K erfolg­reich die Makler‑B GmbH haft­bar machen kön­ne. Der ent­schei­den­de Feh­ler sei schließ­lich einem Mit­ar­bei­ter der Makler‑A GmbH unter­lau­fen. An die­se müs­se sich K hal­ten. Die Makler‑B GmbH sol­le die For­de­run­gen des K zurück­wei­sen.

So kam man schließ­lich zu dem Punkt, an dem man den Kon­takt zur Makler‑A GmbH such­te, die mitt­ler­wei­le nur noch Finanz­an­la­gen ver­mit­tel­te. Dort war man nicht son­der­lich erbaut, sich mit einem „Alt­scha­den“ aus­ein­an­der­set­zen zu müs­sen. Man ging wohl davon aus, mit dem Ver­kauf des Bestan­des sei auch die Haf­tung über­ge­gan­gen. Da man sich auch pri­vat kann­te, wil­lig­te der Geschäfts­füh­rer der Makler‑A GmbH aber schließ­lich ein, eine Scha­dens­mel­dung an die Z‑Versicherung zu ver­an­las­sen, über die man zum Zeit­punkt der Bera­tung ver­si­chert war. Doch auch die Z‑Versicherung sah sich nicht zustän­dig. Der Ver­si­che­rer argu­men­tier­te, mit der Über­nah­me der Betreu­ung gehe die Ver­pflich­tung ein­her, den Ver­si­che­rungs­schutz des Kun­den zu prü­fen. Dies sei hier nicht erfolgt. Es sei des­halb ein Ver­stoß durch Unter­las­sen anzu­neh­men, mit der Fol­ge, dass es auf den Ver­si­che­rungs­schutz der Makler‑B GmbH unmit­tel­bar vor Ein­tritt des Hagel­scha­dens ankom­me. Man emp­fahl die Mel­dung an deren Ver­si­che­rer. Damit lag der Ball dann wie­der­um bei der X‑Versicherung, die einen Ver­stoß durch Unter­las­sen gera­de nicht erken­nen konn­te und erneut auf den Vor­ver­si­che­rer ver­wies.

Letzt­lich gab es nun also drei Ver­si­che­rer die ent­we­der kei­nen Ver­si­che­rungs­schutz oder zumin­dest nicht den kun­den- und mak­ler­sei­tig gewünsch­ten Ver­si­che­rungs­schutz — eine Regu­lie­rung — erbrin­gen woll­ten, obwohl die Haf­tung eigent­lich nicht zu leug­nen schien.

 

 

Ein Teil die­ses Pro­blems lag sicher­lich auch dar­in begrün­det, dass K rela­tiv unspe­zi­fi­ziert von der Makler‑B GmbH Scha­dens­er­satz ver­lang­te. Zur Lösung des (ver­meint­li­chen) deckungs­recht­li­chen Pro­blems war es hier aber not­wen­dig einen genaue­ren Blick auf die Haf­tung zu wer­fen. Denn die Klau­seln zum Ver­stoß bzw. dem Ver­stoß durch Unter­las­sen knüp­fen erkenn­bar an das Haf­tungs­recht bzw. das Ent­ste­hen der Haf­tung an.

Zwei­fel­los hat­te der Mit­ar­bei­ter der Makler‑A GmbH im Juni 2007 eine Pflicht­ver­let­zung began­gen, als er die Ver­si­che­rungs­sum­me falsch berech­net hat­te. Ein Mak­ler­ver­trag bestand zu die­sem Zeit­punkt aus­schließ­lich zwi­schen K und der Makler‑A GmbH. Inso­fern gab es hin­sicht­lich die­ser Pflicht­ver­let­zung auch kei­nen Grund, wes­halb die Makler‑B GmbH scha­dens­er­satz­pflich­tig hät­te sein sol­len. Die Ein­schät­zung der Y‑Versicherung war also zunächst ein­mal nicht zu bean­stan­den.

Damit redu­zier­te sich das Pro­blem auf die Fra­ge, ob noch immer die Makler‑A GmbH oder bereits die Makler‑B GmbH haf­te­te.

Es gab hier kei­nen Grund, anzu­neh­men, dass die Makler‑A GmbH nicht (mehr) scha­dens­er­satz­pflich­tig sein könn­te. Anhand der ursprüng­li­chen Antrags­un­ter­la­gen ließ sich klar bele­gen, dass von Anfang an eine zu gerin­ge Ver­si­che­rungs­sum­me bean­tragt wor­den war. Eine Rege­lung zu einer etwa­igen Haf­tungs­über­nah­me sah der Bestands­kauf­ver­trag nicht vor. Und die Ein­re­de der Ver­jäh­rung hät­te die Makler‑A GmbH hier eben­falls nicht erfolg­reich gel­tend machen kön­nen. Da auch auf Deckungs­ebe­ne grund­sätz­lich auf den ers­ten Ver­stoß abge­stellt wird, der selbst dann maß­geb­lich bleibt, wenn spä­ter noch ver­schie­dent­lich die Mög­lich­keit bestand, die Pflicht­ver­let­zung zu kor­ri­gie­ren (OLG Nürn­berg v. 26. 5. 1994 8 U 658/94), hat­te die Argu­men­ta­ti­on der X‑Versicherung durch­aus etwas für sich.

Frag­lich war dane­ben, ob tat­säch­lich allein durch die Betreu­ungs­über­nah­me bereits die Ver­pflich­tung der Makler‑B GmbH begrün­det wur­de, einen bereits bestehen­den Ver­si­che­rungs­ver­trag zu über­prü­fen, wie dies die Z‑Versicherung ange­nom­men hat­te. Nach gegen­wär­ti­ger Recht­spre­chung ist dies wohl nicht der Fall. Nach Auf­fas­sung meh­re­rer OLG besteht kei­ne Pflicht zur unge­frag­ten Über­prü­fung des Ver­si­che­rungs­in­ter­es­ses des Ver­si­che­rungs­neh­mers und des tat­säch­li­chen Ver­si­che­rungs­schut­zes. Das OLG Frank­furt hat ins­be­son­de­re aus­drück­lich fest­ge­stellt — dort ging es um eine Haus­rat­ver­si­che­rung —, dass bei Über­nah­me des Ver­si­che­rungs­be­stan­des eines Ver­si­che­rungs­ver­tre­ters ein Ver­si­che­rungs­mak­ler nicht ver­pflich­tet sei, VN dar­auf anzu­spre­chen, ob sich das Ver­lust­ri­si­ko durch nach­träg­li­che Anschaf­fun­gen erhöht hät­te und der Ver­si­che­rungs­schutz ange­passt wer­den müss­te. Dem­zu­fol­ge wäre allein die Z‑Versicherung ver­pflich­tet gewe­sen, den Scha­den des K zu regu­lie­ren, wenn die­ser sei­ne For­de­run­gen an die Makler‑A GmbH adres­siert hät­te. Dies geschah dann zwar auch, gleich­wohl bedurf­te es hier noch beharr­li­cher und wie­der­hol­ter Hin­wei­se auf die dar­ge­leg­te Recht­spre­chung sowohl durch die Hans John Ver­si­che­rungs­mak­ler GmbH als auch durch die X‑Versicherung, ehe die Z‑Versicherung schließ­lich in die Regu­lie­rung ein­trat.