„Alter Ver­trag und neue Risi­ken“

Die Pflich­ten eines Ver­si­che­rungs­mak­lers gehen bekannt­lich deut­lich über die blo­ße Ver­mitt­lungs­tä­tig­keit hin­aus. Erge­ben sich etwa nach Abschluss eines Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges Ände­run­gen, so muss der Ver­si­che­rungs­mak­ler auf eine Anpas­sung hin­wir­ken – und dies am bes­ten auch doku­men­tie­ren.

Als Ver­si­che­rungs­neh­mer S und Ver­si­che­rungs­mak­ler M 2011 erst­mals mit­ein­an­der in Kon­takt kamen, ging es zunächst nur um den Abschluss einer Gebäu­de­ver­si­che­rung für das pri­va­te Wohn­haus des S. Gemein­sam mit einem Bevoll­mäch­tig­ten der C‑Versicherung fand am 15.06.2011 ein Orts­ter­min zur Ermitt­lung der Ver­si­che­rungs­sum­me und Tari­fie­rung statt, in des­sen Anschluss auch ein Ver­si­che­rungs­an­trag aus­ge­füllt wur­de. Der Antrag wur­de ange­nom­men und der Ver­si­che­rungs­ver­trag lief letzt­lich unver­än­dert fort, bis es am 19.08.2019 zu einem Brand in den ver­si­cher­ten Räum­lich­kei­ten kam. Im Zuge der vom Ver­si­che­rer ein­ge­lei­te­ten Scha­denser­mitt­lung stell­te sich her­aus, dass das Gebäu­de unmit­tel­bar vor Scha­dens­ein­tritt zum Teil auch gewerb­lich genutzt wor­den war. Tat­säch­lich hat­te S sich bereits im Jahr 2013 in einer Gara­ge und einem sich anschlie­ßen­den Neben­raum eine Werk­statt ein­ge­rich­tet und dort in wach­sen­dem Umfang eine Tätig­keit als Möbel­tisch­ler auf­ge­nom­men. In der Werk­statt war, bedingt durch einen Kurz­schluss, auch das Feu­er aus­ge­bro­chen.  Die C‑Versicherung kürz­te des­halb die Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen um 60%. Rund 48.000 EUR wur­den nicht über­nom­men. S mach­te hier­für sei­nen Ver­si­che­rungs­mak­ler ver­ant­wort­lich. Die­ser hät­te auf eine Anpas­sung des Ver­tra­ges hin­wir­ken müs­sen. M schal­te­te dar­auf­hin sei­nen Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer ein.

Mak­ler­pflich­ten

Grund­sätz­lich ist der Ver­si­che­rungs­mak­ler auch nach Ver­trags­schluss zu stän­di­ger und unauf­ge­for­der­ter Betreu­ung des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges und zudem dazu ver­pflich­tet, gege­be­nen­falls auf Ände­run­gen des Ver­si­che­rungs­schut­zes zu drän­gen (Beck­man­n/­Ma­tu­sche-Beck­mann, Ver­si­che­rungs­rechts-Hand­buch, 3. Auf­la­ge, § 5 Rn. 63). Aller­dings ist bei Ver­än­de­run­gen nach Ver­trags­schluss danach zu dif­fe­ren­zie­ren, aus wes­sen Sphä­re die­se stam­men. Bei Ver­än­de­run­gen aus der Sphä­re des VN kön­ne der Mak­ler nur auf Initia­ti­ve des Kun­den hin tätig wer­den (OLG Frank­furt, Urteil vom 08.06.2016 – 4 U 223/15). Da die Nut­zungs­än­de­rung der Sphä­re des S ent­stamm­te, erschien eine Haf­tung des Ver­si­che­rungs­mak­lers erst ein­mal frag­lich. S trug jedoch vor, M hät­te um die Werk­statt und deren Nut­zung gewusst. Er sei anläss­lich des Abschlus­ses ande­rer Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge noch mehr­fach vor Ort gewe­sen und hät­te dabei auch die Werk­statt besich­tigt. Trotz­dem hät­te er pflicht­wid­rig kei­ne Anpas­sung des Gebäu­de­ver­si­che­rungs­ver­tra­ges ver­an­lasst. Mak­ler M bestä­tig­te gegen­über sei­nem Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer, dass er auch nach Abschluss der Gebäu­de­ver­si­che­rung noch mehr­fach beim Kun­den gewe­sen sei – unter ande­rem zwecks Abschlus­ses einer Kfz-Ver­si­che­rung – und ihm auch die Werk­statt auf­ge­fal­len wäre. Er hät­te S auch mehr­fach dar­auf hin­ge­wie­sen, dass man „da etwas machen müs­se“, weil es ansons­ten im Scha­dens­fall zu Pro­ble­men kom­men kön­ne. S sei dar­auf jedoch nicht ein­ge­gan­gen oder hät­te M auf spä­ter ver­trös­tet.  Doku­men­tiert hat­te M sei­ne Emp­feh­lun­gen zur Anpas­sung des Gebäu­de­ver­si­che­rungs­ver­tra­ges aller­dings nicht.

Die Last mit der Beweis­last

Doch was folgt hier­aus für die Haf­tung des Ver­si­che­rungs­mak­lers? Nor­ma­ler­wei­se hat der Ver­si­che­rungs­neh­mer das Vor­lie­gen einer Pflicht­ver­let­zung zu bewei­sen. Aller­dings kom­men dem Ver­si­che­rungs­neh­mer Beweis­erleich­te­run­gen bis hin zu einer Beweis­last­um­kehr zugu­te, wenn die vom Ver­si­che­rungs­ver­mitt­ler gemäß § 61 Abs. 1 S. 2 VVG zu erstel­len­de Bera­tungs­do­ku­men­ta­ti­on nicht den an sie zu stel­len­den Anfor­de­run­gen ent­spricht (BGH, VersR 2015, 107, 108 f.). Es wird in der­ar­ti­gen Fäl­len ver­mu­tet, dass der Ver­si­che­rungs­mak­ler nicht rich­tig bera­ten hat. Es ist dann am Mak­ler sich zu ent­las­ten – ein höchst schwie­ri­ges Unter­fan­gen, wenn man über kei­ne schrift­li­chen Bele­ge ver­fügt.

Nun ging es hier aller­dings nicht um den Neu­ab­schluss eines Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges, so dass § 61 Abs. 1 S. 2 VVG nicht direkt her­an­ge­zo­gen wer­den konn­te. Dass bereits die ursprüng­li­che Bera­tung feh­ler­haft gewe­sen sei, wur­de schließ­lich nicht behaup­tet. Wie aber ver­hält es sich mit der Beweis­last, wenn es kei­ne Doku­men­ta­tio­nen zu Bera­tun­gen wäh­rend der Ver­trags­lauf­zeit gibt? Gilt dies­be­züg­lich eben­falls eine Beweis­last­um­kehr? Hier­zu ist zunächst fest­zu­hal­ten, dass eine Doku­men­ta­ti­ons­pflicht wäh­rend des Ver­trags­ver­hält­nis­ses nicht vor­ge­se­hen ist, weder für den Ver­si­che­rer noch für den Ver­si­che­rungs­ver­mitt­ler. Wenn aber etwas nicht doku­men­tiert wer­den muss­te, kann man aus dem Feh­len der Doku­men­ta­ti­on auch nicht auf eine unzu­läng­li­che Bera­tung schlie­ßen (Prölss/Martin, Ver­si­che­rungs­ver­trags­ge­setz: VVG; 31. Auf­la­ge, § 6 Rn. 35). In einem Haf­tungs­ver­fah­ren hät­te also S die ver­meint­li­che Pflicht­ver­let­zung sei­nes Ver­si­che­rungs­mak­lers bewei­sen müs­sen. Trotz die­ses Vor­teils gegen­über einer Beweis­last­um­kehr wäre ein Haf­tungs­ver­fah­ren aber selbst­ver­ständ­lich mit Unwäg­bar­kei­ten ver­bun­den gewe­sen, wes­halb der Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rer bestrebt war, es nicht so weit kom­men zu las­sen und eher an einer außer­ge­richt­li­chen Eini­gung mit S inter­es­siert war. Letzt­lich war dies von Erfolg gekrönt. Man einig­te sich auf einen Abfin­dungs­be­trag in Höhe von 15.000 EUR.

Fazit

Auch wenn man davon aus­geht, dass wäh­rend der Lauf­zeit eines bereits geschlos­se­nen Ver­tra­ges kei­ne Pflicht zur Doku­men­ta­ti­on besteht, zeugt es doch von gro­ßer Nach­läs­sig­keit, den feh­len­den Wil­len eines Ver­si­che­rungs­neh­mers zur Anpas­sung eines Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges nicht zu doku­men­tie­ren. Dabei hät­te es im obi­gen Fal­le ver­mut­lich aus­ge­reicht, dem S eine klar­stel­len­de E‑Mail zu schi­cken, um die­sen gege­be­nen­falls doch noch umzu­stim­men, ihm zumin­dest aber nach Ein­tritt des Brand­scha­dens früh­zei­tig den Wind aus den Segeln zu neh­men, als es um eine etwa­ige Mak­ler­haf­tung ging. Auch deckungs­recht­lich hät­te das Ver­säum­nis des M böse Kon­se­quen­zen haben kön­nen. Man stel­le sich nur vor, S hät­te sei­ne Ansprü­che doch im Kla­ge­we­ge ver­folgt und das ange­ru­fe­ne Gericht hät­te ihm dahin­ge­hend Glau­ben geschenkt, dass Ver­si­che­rungs­mak­ler M um die geän­der­te Risi­ko­si­tua­ti­on wuss­te, aber den­noch untä­tig blieb. Der Weg zu einer wis­sent­li­chen Pflicht­ver­let­zung im Sin­ne der Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen zur Ver­mö­gens­scha­den-Haft­pflicht­ver­si­che­rung wäre dann nicht all­zu weit gewe­sen …